NAIL ÇAKIRHAN (*14.07.1910 - V
11.10.2008)
Nail Çakırhan war ein schöpferischer Mensch, der seine Kreativität
in jungen Jahren mit Gedichten und als gereifter, nunmehr älterer
Mann als Architekt zum Ausdruck brachte.
Literatenkreise kannten ihn besser unter dem Namen Nail V., mit dem
er die Werke unterzeichnete, die in den 1930'er und 40'er Jahren in
verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht wurden. Auch der
Gedichtband "1+1=Eins", den er 1930 zusammen mit Nâzım Hikmet
herausbrachte, wurde unter diesem Namen herausgegeben. Die meisten
Literaten kannten ihn so als Nail Vahdet und brachten ihn später mit
dem Namen Nail Çakırhan nicht unbedingt in Verbindung, obwohl sein
Ruf mittlerweile die Landesgrenzen weit überschritten hatte.
Er wird 1910 in Ula als erstes Kind des Hacı Çakırhan Sohnes Ali
Efendi und der Tochter von Molla Ahmatlar, Halise Hanım geboren. Ula
hat damals 3.000 Einwohner und hinterläßt mit seinen weiten Gärten,
in denen weißgetünchte Häuser standen, seinem von mächtigen Bäumen
beschatteten Marktplatz und seinen freundlichen, ruhigen und
liebevollen Menschen einen tiefen Eindruck auf Nail Çakırhan.
Die glücklichste Epoche seiner Kindheit wird 1914 vom Ausbruch des
Ersten Weltkrieges getrübt:
"Meine erste Erinnerung ist meine Familie, die sich nächtens um das
Herdfeuer schart. Jeder weint, andere sind den Tränen nahe. Man
redet von Cholera, von Löschkalkgruben. Ich wußte nicht was dieses
Wort bedeutete- Krieg, aber ich höre das Gesagte noch heute in
meinem Herzen…"
Die meisten jungen Männer sind eingezogen. Auf den Feldern arbeiten
Frauen und alte Männer. Der Hunger klopft an die Türen…
"Ich erinnere mich gut an meinen Großvater. In seiner Jugend war er
Kittelmacher. Aber ich erinnere mich an ihn später, als Schneider.
Ein kleingewachsener alter Mann, dessen Bart bis auf seinen Bauch
reichte…Sein Bild ist noch vor meinem inneren Auge, mitten in einer
großen Ebene kniend, mit dem Grabstock Kartoffeln erntend, ein
kleiner Mann mit einem langen Bart."
Sein Vater wird an die kaukasische Front verlegt. Seine Mutter ist
schwanger.
"Eines Tages kam ein Brief von meinem Vater. Er schrieb, daß er
glühe. Ich freute mich darüber. Daß er mit Fieber glühte, weil er
sich mit Pocken angesteckt hatte, erklärte mir niemand…
Mit meinem Großvater vor seinem Laden sitzend, sah ich einen
ausgemergelten Mann an uns vorübergehen. Wie ein Geist mit einem
Sack auf dem Rücken…Keiner erkannte ihn. Das war mein Vater! Dieser
ehemals gut aussehende Mann wollte nunmehr niemandem sein von Pocken
entstelltes Gesicht zeigen…"
Er verbringt seine Kindheit mehr als im Haus seines Vaters nebenan,
in dem des Großvaters, einem bemalten Lehmziegelhaus mit
Holzverzierungen. Bevor er noch in die Schule geht, wird ihm dort
von seinem Onkel Lesen und Schreiben beigebracht. Deshalb wird er
direkt in die zweite Klasse eingeschult und beendet seine
Schullaufbahn nach sechs Jahren als Klassenbester.
1921 wird er Schüler des Gymnasiums in Muğla. Das ist das erste Mal,
daß er Ula verläßt. Zusammen mit einem Freund teilt er sich ein
Zimmer in einem Han (osmanisches Gasthaus, Anm. d. Übersetzerin). Um
zu Beginn der Ferien von Muğla nach Ula zu kommen, braucht man zu
Pferd 2-3 Stunden; ist kein Pferd vorhanden, muß man den Weg zu Fuß
zurücklegen. Lieber als mit Gleichaltrigen verbringt dieser in sich
gekehrte Junge seine Zeit mit älteren Menschen. Seine gesamte
Freizeit vergeht mit dem Studium seiner Schulbücher. Als er
schließlich die Schule beendet, hat er alle Bücher der Bibliothek
gelesen.
1925 kommt er durch Vermittlung einer seiner Lehrer, der als
Gouverneursstellvertreter nach Konya versetzt wird, als
Internatschüler nach Konya. Dies gibt ihm die Gelegenheit unter
renommierten Lehrern wie Ahmet Hamdi (Tanpınar) und Saadettin Nüzhet
(Ergun) zu studieren. In der zehnten Klasse gibt er die Zeitschrift
'Kervan' (Karawane) heraus. Als in dieser Zeitschrift 1927 eines
seiner Gedichte erscheint, daß angeblich Frauen beleidigt, wird er
vor Gericht gestellt. Das Gedicht indessen ist eine Nachahmung der
satirischen Werke Faruk Nafız Çamlıbel's, die in jedem Schulbuch zu
finden war. Weil aber am Tage der Verhandlung der Gerichtssaal
voller Frauen ist, beantragt der Staatsanwalt Vertagung, weil keine
Vorstrafen oder andere Vergehen vorliegen.
"Was Vertagung bedeutete wußte ich nicht. Aber von den Zuhörern wird
mir immer wieder 'Lehne Vertagung ab!' zugerufen. Also habe ich 'Ich
will keine Vertagung' gesagt. Das Gericht zog sich lachend zurück
und kam schon nach zehn Minuten wieder. Der Richter verlangte 'Das
Urteil wird verlesen, bitte erheben Sie sich!' Ich stand ja schon,
aber ich bin doch ziemlich klein…also sagte ich 'Ich stehe doch
schon' zu ihm. Alle fingen an zu lachen, Anwälte, Beisitzer,
Zuschauer. Das Urteil lautete: Freispruch."
'LASST DEN JUNGEN MANN FREI. SCHÄMT EUCH.'
In der letzten Gymnasialklasse bringt er zusammen mit Freunden die
Zeitschrift 'Halka Doğru' (Hinwendung zum Volk) heraus und
veröffentlicht darin sein Gedicht 'Alev Yağmuru' (Funkenflug), was
ihn wiederum in Schwierigkeiten bringt. Das Gedicht handelt von
Despoten und Feudalherren. Er wird anonym angezeigt und von der
Polizei in Konya festgenommen. Und das mitten in seinen
Magistervorbereitungen. Nach dem Verhör führen die Verantwortlichen
in seiner Anwesenheit ein Telefongespräch mit Ankara (Türkische
Hauptstadt, Anm. d. Übersetzerin). Der Befehl, der vom anderen Ende
kommt ist deutlich zu verstehen 'Lasst den jungen Mann frei. Schämt
Euch…' Den Befehl gibt Atatürk (Gründer der modernen Türkei, 'Vater
der Türken', Erster Staatspräsident, Anm. d. Übersetzerin)
persönlich.
"Ich hatte mit diesem Gedicht doch nicht Atatürk, sondern die
Feudalherren in Muğla gemeint. Atatürk war für uns junge Leute doch
ein Genie, ein hochverehrter Mensch. Nie im Leben hätte ich ihm
Unrecht getan. Irgendein Wichtigtuer hat es falsch interpretiert und
das dann dem Ministerium gemeldet. In meine Prüfungen ging ich dann
in Polizeibegleitung."
Doch wird er wenig später desselben Gedichtes wegen nochmals in
Istanbul angeklagt. Nâzım Hikmet (bekanntester türkischer Dichter,
Anm. d. Übersetzerin) arbeitet zu der Zeit bei einer Zeitschrift mit
Namen 'Resimli Ay' (Bildermond). Ihm gefällt das Gedicht so gut, daß
er es im Magazin 'Hareket' (Bewegung, Aktion), daß von Jurastudenten
herausgebracht wird veröffentlicht, ganzseitig und mit großem
Schriftsatz. Obwohl das Verfahren in Konya eingestellt wurde, führt
die Wiederaufnahme in Istanbul zu einer sechsmonatigen Haftstrafe.
In der Berufung wird das Urteil revidiert und er wird
freigesprochen. Auf diese Weise lernt er Nâzım Hikmet kennen.
Seine ausgezeichneten Noten in seinen Abitur- und Magisterprüfungen
resultieren in einem Vollstipendium für die Universität. Er
immatrikuliert sich für Medizin in Istanbul. Einige Zeit später
verläßt er diese Fakultät, weil ihm bewußt wird, daß Doktoren mit
dem Elend und den Krankheiten ihrer Mitmenschen ihr Einkommen
verdienen und schreibt sich an der juristischen Fakultät ein. Aus
ähnlichen Beweggründen kann er sich aber auch nicht recht für Jura
erwärmen.
Auf Nâzım Hikmet's Vorschlag hin, beginnt er sich literarisch zu
betätigen. Er redigiert für die Zeitung 'Cumhuriyet' (Republik-
erste grosse Zeitung der Türkei, Anm. d. Übersetzerin), führt seine
Studien aber gleichzeitig an der Fakultät für Philosophische
Literatur fort und schreibt Gedicht über Gedicht. Seine Werke
veröffentlicht er regelmäßig in der Zeitschrift 'Resimli Ay'.
MIT NÂZIM IM GEFÄNGNIS
Seine Freundschaft mit Nâzım entwickelt sich in kürzester Zeit. 1930
bringen sie gemeinsam den Gedichtband '1+1=Eins' heraus. Eine Weile
wohnen sie zusammen im Haus von Nâzım Hikmet's Vater. Zwei Jahre
später werden sie wegen 'Gründung einer kommunistischen Vereinigung'
verhaftet.
"Auf der Wache am Cağaloğlu Yokuş (berüchtigte Polizeiwache in
Istanbul, Anm. d. Übersetzerin) wurde ich einen Monat lang
gefoltert. Danach wurde ich zusammen mit dreißig weiteren Freunden
eingesperrt. Im Gefängnis in Bursa war ich mit Nâzım in einer Zelle.
Wir blieben dort für zweieinhalb Jahre. Er verbrachte die Zeit damit
zahllose Gedichte zu schreiben…"
Die Generalamnestie zur Zehnjahresfeier der Republik 1933 begnadigt
auch die beiden und 1934 werden sie entlassen. Auf Arbeitssuche
klopft er auch an die Tür seines Landsmannes Yunus Nadi (Gründer der
Zeitung 'Cumhuriyet', Anm. d. Übersetzerin). Im Auftrag von
'Cumhuriyet' beginnt er die 'Hayat Ansiklopedisi' (Enzyklopädie des
Lebens) zu redigieren.
Obwohl er deswegen sogar gefoltert und inhaftiert wurde, hatte er
die eigentliche Bedeutung von Sozialismus nicht genau erfassen
können. Um sich diesbezüglich weiterzubilden, verschwindet er im
Jahr 1934 spurlos, ohne irgend jemandem etwas zu sagen.
Er begibt sich von Istanbul nach Hopa und reist mit Hilfe eines
Freundes von da aus in die Sowjetunion ein. Er sucht den Kontakt mit
Komintern und erlernt mit deren Hilfe in drei Monaten die russische
Sprache, derweil lebt er in einem Wohnheim in der Nähe des Puschkin
Platzes in Moskau. Danach schreibt er sich in der Moskauer
Universität für Östliche Völker (KUTV) ein, wo er zweieinhalb Jahre
lang Sozialismus und Ökonomie studiert. Während dieser Zeit sieht er
wichtige Persönlichkeiten wie Stalin, Tito, Ho Chi Minh,
Chruschtschow und Dimitrow aus der Nähe. Einige lernt er sogar
kennen. Während seiner Studien hat er zugleich das Bedürfnis, das
Gelernte in der Praxis zu sehen und wird auf eigenen Wunsch in eine
Textilfabrik in der Nähe von Moskau geschickt.
'ICH HABE GEHEIRATET'
"In der Fabrik arbeiteten viertausend junge Frauen im Alter zwischen
18 und 20 Jahren. Und zehn Männer… Wie rettest Du Dich vor
viertausend Mädchen? Ich habe geheiratet."
Der Name des Mädchens, das er heiratet ist Taisa. Der Verwaltung
gefällt die Heirat zwar nicht, sie verhindert sie aber auch nicht.
Acht Monate später kommt eine Verordnung: 'Der Zweite Weltkrieg ist
im Ausbruch begriffen. Alle sich in Rußland befindlichen Ausländer
werden ausgewiesen und müssen in ihre Heimatländer zurückkehren. Der
Befehl ist sofort zu befolgen.'
Am 27. April 1937 muß er seine im achten Monat schwangere Frau Hals
über Kopf verlassen und begibt sich zusammen mit anderen Türken nach
Odessa. Von dort aus brechen sie auf einer Schaluppe nach Istanbul
auf. Nach vier hafenlosen Tagen auf See betreten sie in Rumelihisar
(kleiner Hafen am Bosporus, Anm. d. Übersetzerin) wieder türkischen
Boden. Die erste Nacht verbringen sie in Beyoğlu (Viertel im Zentrum
von Istanbul, Anm. d. Übersetzerin) in einem Hamam (türkisches Bad,
Anm. d. Übersetzerin). Heimlich reist er über Bandırma und İzmir
zurück in seine Heimat. Noch in der ersten Woche in Ula, sieht ihn
dort der Bezirksdirektor und er wird auf dessen Anzeige hin
verhaftet. Gegen Kaution freigelassen wird seine Strafe wegen
Landesflucht, da keine andere Straftat vorliegt, auf Bewährung
ausgesetzt.
Die ersten zwei Monate nach seiner Heimkehr verbringt er beim
Militär. Er wird zu den Pionieren in Manisa versetzt, wo er in der
Buchhaltungsabteilung Dienst tut. Von der Aberkennung seines
Offiziersranges abgesehen, wird er gut behandelt. 1937 wird er wegen
Krankheit kurzfristig freigestellt, danach aus gesundheitlichen
Gründen entlassen.
1938 fängt er beim Verlag 'Tan' (Morgendämmerung) an. Für eine Weile
arbeitet er im Buchhandel und als Buchhalter für den
Kinderschutzbund.
Die berühmte Archäologin Professor Halet Çambel, die heute
pensioniert ist, aber ihre wissenschaftlichen Arbeiten fortführt,
hat zu dieser Zeit eine Assistentenstelle an der Universität inne.
Die erste türkische Sportlerin die je an einer Olympiade teilnimmt,
eine junge Frau mit Ausbildung an der Sorbonne…Die Tochter von Hasan
Cemil Çambel, eines engen Freundes von Atatürk. Die Familie ist
gegen die Heirat, aber die beiden sind fest entschlossen und
heiraten heimlich. Diese beispielhafte Beziehung wird sich später
auszeichnen durch Liebe, Freundschaft und Loyalität. Die ersten
Jahre verbringen sie mit Übersetzungsarbeiten, um ihren Unterhalt zu
verdienen.
Nail V. ist im Jahr 1945 der Sekretär der Zeitschrift 'Görüşler'
(Ansichten), die von Sabiha und Zekeriya Sertel verlegt wird. Die
erste Ausgabe erreicht eine bis heute ungebrochene Rekordauflage von
55.000 verkauften Exemplaren. Wie auch immer, eine zweite Ausgabe
wird niemals erscheinen, am 4. Dezember 1945 wird der Tan Verlag
durch Brandstifter vernichtet.
Bei Schließung der Türkiye Sosyalist Emekçi Partisi (Sozialistische
Arbeiterpartei der Türkei) 1946, wird er als Mitgründer verhaftet
und 1950, vier Jahre später bei einer Amnestie begnadigt. Fünfzehn
Tage später begibt er sich zu seiner Frau, die sich aus
Gesundheitsgründen in Italien aufhält und bleibt für eineinhalb
Jahre in Italien, Frankreich, der Schweiz und Österreich.
Als Arbeitsloser in die Türkei zurückkehrend, findet er sich
wiederum als Mitträger einer neuen Phase, die niemand vorhersehen
konnte. Er folgt seiner Frau nach Adana Karatepe, wo sie unter Prof.
Bossert auf einer Ausgrabung arbeitet. Die ausgegrabenen Artefakte
benötigen einen weiten überdachten Aufbewahrungsplatz, wo sie
restauriert, geschützt und ausgestellt werden können. Die Arbeiten
sind von einem Bauunternehmer begonnen, aber dann verlassen worden,
einen neuen hatte man nicht gefunden. Das, vom Architekten Turgut
Cansever entworfene Projekt wird in Nail Çakırhan's Hände gelegt,
obwohl er völlig unerfahren ist und noch nie auch nur einen Nagel
eingeschlagen hat. Er kämpft sich durch entsprechende Literatur,
redet mit Baumeistern und vollendet schließlich das Projekt mit
großem Erfolg. Das erste türkische Freiluftmuseum ist entstanden und
mit ihm das erste große überdachte Bauwerk aus blankem Beton. Dabei
konnte es nicht bleiben, es folgt die Errichtung des Grabungshauses,
der Polizeiwache, der Forstverwaltungsgebäude und eines Internats in
der Region. Diese Schaffensperiode ist symbolisch für die Beziehung
dieses loyalen und patriotischen Paares, Nail Çakırhan und Halet
Çambel, die trotz verschiedenster Hinderungsversuche in jeder Phase
ihres Lebens Administratoren, Kollegen und Leute ihrer Umgebung zu
erfolgreicher Zusammenarbeit anregten.
1963 erbaut er, wiederum nach den Entwürfen von Turgut Cansever das
Gebäude des Türk Tarih Kurumu (Türkische Historische Gesellschaft),
gefolgt vom Bau des Deutschen Gymnasiums im Auftrag der Deutschen
Botschaft. Im selben Jahr beginnt Halet Çambel Ausgrabungen in
Ergani in Zusammenarbeit mit der Universität von Chicago. Auch dort
erbaut er das Grabungshaus und hilft bei den Ausgrabungen. Ihrer
Verdienste wegen werden sie von der Chicagoer Universität eingeladen
und nach Amerika berufen, noch dazu mit unbefristeten
Aufenthaltsgenehmigungen. Sie können dem Ruf nicht folgen. Seiner
enormen Arbeitslast wegen ist er müde und hat gesundheitliche
Probleme.
Auf Anraten seines Arztes begibt er sich mit seiner Frau 1970 nach
Akyaka. Sie verspüren Verlangen nach einem Haus, in dem sie
ausspannen, aber auch in Ruhe arbeiten können. In Akyaka erstehen
sie zwei 'dönüm' Land (altes Flächenmaß, ein dönüm entspricht
ungefähr 1000 qm, Anm. d. Übersetzerin) und beginnen zusammen mit
zwei Baumeistern die Arbeiten. Durch seine Verbindung von
traditioneller Bauweise mit zeitgemäßen Elementen, seinem Einklang
mit der es umgebenden Natur, erweckt dieses kleine Haus tatsächlich
ein vollendetes Gefühl von Ästhetik im Betrachter. Die Aufträge
überschlagen sich. Enge Freunde, Bekannte, alle wollen auch so ein
Haus für sich. Danach die im Tourismus arbeitenden Leute…er schlägt
niemandem etwas ab.
VERLEIHUNG DES RENOMMIERTEN PREISES FÜR ARCHITEKTUR
1983 wird er dann auf eine völlig unerwartete Weise überrascht. Der
weltweit berühmte Preis für Architektur, der Aga Khan Preis für
Internationale Architektur wird Çakırhan verliehen. Daß diese
wichtige Anerkennung an so jemanden geht, einen Autodidakten, einen
der keine Architektenausbildung hat, führt zu Aufregung und
Ablehnung in akademischen Kreisen. Die Diskussionen der
Architektenwelt über Freie Kreativität vs. Schulmeinung und
Traditioneller vs. Zeitgenössischer Bauweise gehen über Jahre.
Mit dem Preisgeld restauriert er ein altes Han in Muğla und
konzipiert es als Kulturzentrum. Darauf folgen Hotelprojekte, danach
große Feriensiedlungen wie das Letoonia und das Montana. Projekte in
Akyaka, Dalyan, Bodrum, Muğla, Datça und Fethiye, eines schöner als
das andere, aber alle traditionelle Werte mit zeitgenössischen und
zukünftigen Elementen verbindend, machen seinen Namen mit der Zeit
zur Legende.
Ein einfacher, bescheidener Mensch, dieser Nail Çakırhan. Ein Mann
des Volkes aus Ula, dessen Gesicht das Lächeln eines Kindes
erleuchtet… Ein Mann mit universeller Bildung… Ein freigiebiger
Dichterarchitekt mit einem Sinn für Schönheit… Ein Jüngling von 98
Jahren, der seine Träume, seine Kreativität und seine Schaffenskraft
noch nicht verbraucht hatte.
Mit viel Liebe und Respekt übersetzt von Bahar Suseven
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