MARMARİS
Das archäologische Museum
Marmaris ist in der Burg von Marmaris untergebracht. Daher fängt die
Beschreibung des Museums mit der Geschichte seines Gebäudes an.
Laut Herodot wurden die ersten Befestigungsmauern Marmaris' im 3. Jahrtausend
v.Chr. errichtet. Die Geschichte der Burg, die auf einem erhöhten Punkt im
Rücken des Jachthafens liegt, wird verschiedenen Quellen zufolge, sehr
unterschiedlich geschildert.
Eine dieser Quellen behauptet, dass sie, nach Sultan Süleyman des Prächtigen
Sieg über Rhodos errichtet, seinen Truppen als Hauptquartier diente.
Die einzige schriftliche Quelle, die sich auf den Bau der Burg bezieht, ist der
Reisebericht Evliya Çelebi's. Der im 17. Jhrhdrt. die Provinz Mugla bereisende
Evliya Çelebi berichtet, dass der Auftrag zum Bau der Burg schon vor dem Sieg
über Rhodos erging, aber während der Eroberung von den Soldaten Süleyman des
Prächtigen als Standquartier benutzt wurde. Er beschreibt den Aufbau der Mauern
aus regelmäßigen Steinen, die 400 Fuß hoch waren und vier Schanzen bildeten.
Über dem Eingangstor befand sich eine Inschrift. Im Inneren der Burg befand sich
je ein Zimmer für den Wächter der Burg, den Imam, den Kurator und den jeweiligen
Wachsoldaten.
In einem Schriftstück Celaloglu Mustafa's, das die Tage des Sultans in Marmaris,
den Sieg über Rhodos und die Rückkehr nach Istanbul beschreibt, ist die Burg gar
nicht erwähnt.
Im Seehandbuch Piri Reis' und auf den dort gezeichneten Seekarten, ist die Burg
aber erwähnt. Da Piri Reis alle, im Mittelmeer zu findenden Burgen, in seinen
Notizen und Karten aufzeichnete, darf dies als ein Beleg für das Vorhandensein
der Burg in den Jahren 14941520 gelten.
Nach einer weiteren Quelle, erließ Sultan Süleyman der Prächtige, der den Thron
1520 bestieg, den Befehl zum Bau der Burg nach seinem Sieg über Rhodos.
Der Aufgang zur Burg, eng und vielstufig, befindet sich in der Hafza Sultan
Karawanserei. Über dem Eingang zur 7 kleine und ein großes Zimmer umfassenden,
Burg und der zeitgenössischen Karawanserei, befindet sich eine Inschrift aus dem
Jahr 1545. Diese bekräftigt die Theorie, wonach Burg und Herberge erst nach dem
Rhodossieg gebaut worden seien.
Ein wichtiger Teil der Burg ist während des ersten Weltkrieges, im Jahr 1914,
den Kanonenkugeln französischer Kriegsschiffe zum Opfer gefallen.
Noch von vor der Gründung der Republik bis zu einem viel späteren Zeitpunkt,
wurde das Innere der Burg bewohnt. Innerhalb der Mauern befanden sich 18
Wohnungen, ein Brunnen und eine Zisterne. Heutzutage sind die einzigen
Burgbewohner eine Schildkrötenfamilie und ein Pfau.
Die Burg wurde in den Jahren 198090 renoviert, und wird seit 1991 als Museum
benutzt. Insgesamt finden wir dort 7 abgeschlossene Bereiche.
Das wiegenförmige Eingangsgewölbe ist zum Innenhof hin offen. Die vom Hof
seitlich ausgehenden Treppen, führen auf die Befestigungsmauern. Die beiden, von
Tonnengewölben überdachten Innenräume, werden als Ausstellungsräume benutzt.
Dort und im Garten sind Fundstücke aus der Umgegend ausgestellt : Amphoren aus
gebranntem Ton, dergleichen verschiedene Gefäße, Glasgegenstände und Dinge des
täglichen Gebrauchs aus der Zeit gegen Ende der Osmanenherrschaft zu besichtigen
: Stoffe, Webteppiche, Möbel, kupferne Haushaltgegenstände, Waffen und
Schmuckstücke.
Außerdem werden andere Räume als Kunstgalerie, Büro und Lagerräume benutzt.
Das Museum ist während der Tourismussaison, außer Montags, jeden Tag zwischen
08.30 – 12.00 h und 13.00 – 17.30 h geöffnet.
ANTIKE STÄTTEN/
AUSGRABUNGSORTE
Der, auf drei Seiten von Meer umgebene Bezirk Marmaris, erstreckt sich im Westen
bis zur Halbinsel von Datça, im Nordosten bis zu den Balaban Bergen und im
Südwesten bis nach Bozburun.
Die vielen Buchten und Inseln und der oft bis ans Meer reichende Pinienwald,
machen den Bezirk zu einem Naturerlebnis und bevorzugten Ferienziel. Dazu tragen
natürlich die vielfältigen antiken Stätten auch ihren Teil bei.
Im Westen geschützt durch das Meer, im Süden von Bergen begrenzt, verbargen sich
dort schon die antiken Siedlungen Marmaris und Datça. Auch die ersten Siedler
erkannten schon die strategisch günstige Lage dieser Örtlichkeiten.
Beide Bezirke, haben in geschichtlicher wie geographischer Hinsicht Einiges zu
bieten. Hier finden wir Spuren einer Besiedelung, die vom 5. Jahrtausend vChr.
bis in die osmanische Zeit reicht.
PHYSKOS
Das antike Physkos befindet sich 3 km südlich von Marmaris im Dorf Beldibi, auf
dem Asar Hügel, im Küstenstreifen von Ergöz.
Strabon beschreibt Physkos als den Hafen von Mylasa. Die Befestigung dieser
Stadt bestand aus Erdwällen, deren Fundamente heute unter einer Pflanzendecke
liegen.
SARANDA
Man erreicht Saranda, das 45 km von Marmaris entfernt, südlich des Dorfes Sögüt,
am Golf von Sömbeki liegt über eine reichgewundene Strasse.
Dort finden wir die Ruinen polygonaler Mauern und einer Akropolis. Saranda wurde
in hellenistischer, römischer und byzantinischer Zeit ununterbrochen bewohnt.
ERINE
Es ist möglich diesen Ausgrabungsort, der im Westen von Marmaris, 3 km vom Dorf
Hisarönü entfernt liegt, über eine gut befahrbare Forststrasse zu erreichen.
KASTABOS
Kastabos befindet sich im Bezirk Marmaris, bei dem Dorf Hisarönü auf dem
Pazarlik Hügel. Der, auf einen Sockel, nach ionischem Vorbild gebaute Hemithea
Tempel, wird auf das 4. Jhrhdrt. vChr. datiert. Der antike Schreiber Diadorus
beschreibt das dortige Hemithea Heiligtum. Die Richtigkeit dieser Beschreibung
wurde von Prof. J. Cook durch die Entzifferung einer dort gefundenen Inschrift,
belegt. Das am Südhang gelegene Theater ist in einem sehr schlechten Zustand.
AMOS
Die Ruinen von Amos befinden sich im Bezirk Marmaris, auf dem Asarlık Hügel in
der Bucht von Kumlubük, im Dorf Turunç, in der Nähe von Hisarburnu. Es ist
möglich mit dem Auto bis in die Nähe der Ruinen zu gelangen. Von dort führt ein
leicht zu bewältigender Aufstieg auf den Siedlungshügel. Unter den reichhaltigen
Überresten der Stadt Amos finden sich u.a. ein Theater, Türme und die
Stadtmauern.
BYBASSION
Im Wald an der Strasse zwischen den Dörfern Orhaniye und Erine finden wir die
Ruinen der Stadtbefestigung.
TYMNUS
Tymnus liegt nordwestlich von Saranda, in Nähe des Dorfes Sögüt. Inschriften
belegen einen religiösen Zeus und Herakult. Für das Schlachten und Verteilen der
Opfertiere befand sich hier eine, nur von Priestern benutzte Stoa. Eine dort
gefundene Tafel verbietet das Anzünden von Feuer und das Einschlagen von Nägeln.
Das Zuwiderhandeln wurde mit I00 Drachmen Strafe geahndet.
LORYMA
Die antike Stadt Loryma befindet sich in der Nähe der Dörfer Taslıca und
Bozukkale, auf Kap Karaburnu. Man erreicht es, auf dem Seeweg bis zum Hafen von
Bozukkale, anschließend einer Stunde Fußweg und einer kurzen Kletterstrecke.
Im 4. Jhrhdrt.vChr. nahm es, Rhodos direkt gegenüberliegend, im Verbund der
"Rhodos Provinzen" ("Rhodos Pereia") einen wichtigen Platz ein. In Loryma, das
in einer großen Bucht liegt, werden seit 1995, unter der Leitung des deutschen
Archäologen Dr. Winfried Held, wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt.
Die kleine Stadt Loryma wurde im 7. Jhrhdrt. vChr. gegründet. Sie wurde sowohl
im archaischen, als auch im klassischen Zeitalter mit Mauern umfaßt. Im oberen
Bereich der Stadt finden wir die, ebenfalls von zwei verschiedenen Mauern
eingefaßte, Akropolis. Der hohe und schlanke Hafenturm diente der Kontrolle über
die Bucht.
Die Wohngebiete von Loryma befinden sich am Hang, auf speziell angelegten
Terrassen. Auf der Ebene westlich der Stadt befindet sich das Heiligtum der
Artemis Soteria. Angeschlossen an den Tempel, liegt die, sich im Westen der
Bucht, nach Süden erstreckende Nekropole. Im Süden der Ebene befindet sich ein
Apollon Heiligtum. Im byzantinischen Zeitalter wurde Loryma als
Flottenstützpunkt und Waffenlager benutzt. Auch entstanden auf der ehemaligen
Akropolis drei Kirchen und etliche Wohngebäude, die unter Verwendung von Steinen
des antiken Zeitalters errichtet wurden.
Nach der arabischen Invasion im 7. Jhrhdrt.nChr. wurde die Stadt von ihren
Einwohnern verlassen.
KIRAN GÖLÜ
(SEE VON KIRAN)
Man kann den ausgetrockneten See (Durchmesser ca. 30 m), der südwestlich von
Marmaris und südlich von Loryma liegt, auf dem Seeweg erreichen. An seinen Ufern
befindet sich eine kleine antike Siedlung. Vom Hafen von Bozukkale aus erreicht
man die Ruinen nach einem Fußweg (Klettern) von 2h.
Wissenschaftliche Untersuchungen, die 1995 von Dr. Zeynep Kurban und Dr. Turgut
Saner durchgeführt wurden, erbrachten einen gut
erhaltenen Tempel, Theaterbauten und fünf, noch nicht identifizierte
Gebäude. Außerdem findet man, typisch für diese Gegend, pyramidenförmig gestufte
Gräber und, aus großen Quadern gebaute, von Tonnengewölben überdachte
Kammergräber.
Bisher ging man davon aus, dass sich das Zentrum des attischen See Bundes auf
der Bozburun Halbinsel befand. Nach Aussage der Fachleute, könnte die hiesige
Siedlung, die ebenfalls Abgaben an den Seebund leistete, für Versammlungen und
religiöse Kulthandlungen benutzt worden sein.
Die anderen Ruinenstädte des Bezirkes Marmaris sind: Prynos, Hydas, Cennet
Insel, Kedreai, Gallipolis, die Inseln Keçi und Bedir, Euthenna, Bayir, Gebekse,
Gavur Sancagi. Doch liegen hier noch keine detaillierten Untersuchungsergebnisse
vor. Die im Bezirk Datça liegenden Stätten von Knidos, Bybassos, Triopion und
Burgaz, bieten eine Vielfalt alter Zisternen, Gräber, Festungen, Kirchen,
Klöster, Mühlen und Ölmühlen.
BURGAZ
Die Ruinen von Burgaz liegen 2 km südöstlich von Datça.
Als Burgaz das erste Mal von Bean und Cook der gelehrten Welt vorgestellt wurde,
nahm man an, dass es sich um Knidos handelte. Die Ausgrabungen von Burgaz werden
seit 1993 unter der Leitung von Dozent Dr. Numan Tuna geführt.
Die, ein Areal von 1400x400 m umfassende Ausgrabungsstätte, erstreckt sich auf
einem Küstenstreifen. Man fand heraus, dass die Siedlung im prähellenistischen
Zeitalter einige Bedeutung besaß. Sie ist von Befestigungsmauern umgeben. Im
seichten Wasser, südwestlich der Siedlung, erkennt man Überreste eines Turmes
und der Stadtmauern. Die, auf das 4. Jhrhdrt. vChr. datierten Ruinen des Hafens,
befinden sich heute am Meeresrand.
Ausgrabungen belegen, dass Burgaz seit dem geometrischen Zeitalter besiedelt
war, aber im 4. Jhrhdrt.vChr. teils aufgegeben wurde. Danach diente der am Meer
gelegene Teil zur Lagerung und zur Beladung von Schiffen, der innere Teil wandte
sich dem bäuerlichen Leben zu. Die Nekropole hingegen wurde aber weiterhin
benutzt .
KNIDOS
Knidos, an der Spitze der Datça Halbinsel, auf Kap Tekir gelegen, kennzeichnet
den Scheidepunkt von Ägäis und Mittelmeer, und ist die wichtigste Ruinenstätte
unter den westanatolischen antiken Küstenstätten.
Knidos liegt in der Provinz Mugla, Bezirk Datça in den Grenzen des Dorfes Yazı.
Es ist, auf der Strasse von Datça kommend, 35 km entfernt. Die letzten 8 km
bestehen aus einer gut befestigten Schotterstraße. Während der Touristensaison
ist es auch auf dem Seeweg gut zu erreichen.
Unter der Herrschaft der Perser, ca. 360 vChr. verließen die späteren Einwohner
von Knidos, Datça und siedelten in Knidos. Die Stadt wurde nach einem Plan von
Hippodamos errichtet. Sie bildete, zusammen mit den auf Rhodos gelegenen Städten
Lindos, Ialisos und Kamiros, mit der Insel Kos und Halikarnassos den Bund der
Rhodos Provinzen. Strabon (XIV 656, 2, 15) beschreibt Knidos als eine, auf
Terrassen angelegte Stadt, die sich wie ein Theater zu ihrer Akropolis
hinaufschwingt. Er bezeichnet die, auf dem Festland und der vorliegenden Insel
erbauten Siedlungen, als "die Doppelstadt". Die Bewohner der Stadt betrieben
einen gut entwickelten Handel und Weinexport. Später wurden sie, durch einen
künstlichen Damm zwischen der Insel Kap Krio und dem Festland, Herren über zwei
Häfen. Der im Süden der Stadt liegende Hafen hatte eine korridorähnliche
Einfahrt, deren engste Stelle von zwei sich gegenüberliegenden, runden Türmen
kontrolliert wurde. Strabon nannte diesen Hafen "Kadırga Hafen" und berichtet,
dass er bis zu 20 Kriegsschiffe zugleich beherbergen konnte.
Die Geschichte der Stadt wurde von Sir Charles Newton in den Jahren 185657,
zwischen 196777 von Prof. Dr. Iris Cornelia Love und erneut seit 1987 von Prof.
Dr. Ramazan Özgan erforscht.
Die Arbeiten werden auf dem Festland und auf der Kap Krio (Heute : Deve Boynu)
Insel fortgesetzt.
In einer Entfernung von bis zu 7080 m gen Westen der Insel findet man keinerlei
Spur einer Befestigung. Im Nordwesten und Norden fand man jedoch von Türmen
verstärkte, teils auch natürliche Gegebenheiten ausnutzende Befestigungsmauern,
die sich bis in den Westen der Insel erstrecken. Auf dem Kamm der Insel wurden,
auf Terrassen, Seite an Seite Gebäude errichtet. Die Besonderheiten des
Stadtbauplanes, die Feinheiten der Bauausführung, das Kanalisationssystem und
sonstige, bei den Ausgrabungen gefundenen Charakteristika, belegen, dass die
Stadt zwischen dem 3. Und 2. Jhrhdrt.vChr. geplant, gebaut und besiedelt wurde.
Danach fiel die Siedlung einem Brand zum Opfer und wurde verlassen.
Auf dem Festland findet man, der Ost-Westachse folgend, eine Strasse. Oberhalb
und unterhalb dieser Strasse liegen öffentliche Gebäude, ein oberes und ein
unteres Theater, ein Demeter Heiligtum, ein kleines Odeon, einen Aphrodite
Tempel, einen korinthischen Tempel, ein römisches Grabmal, eine Agora, eine
Gedenkstätte, eine hellenistische Stoa, einen Dionysos Tempel und eine
byzantinische Kirche; aus römischer Zeit : ein Bouleuterium, Propylon und in
Stufen angelegte Strassen.
Bei Ausgrabungen trat zutage, dass die heilige Stätte für mehr als einen Kult
benutzt wurde, und am Eingang mit einem Tor gesichert war. Das Tor, im
westlichen Teil des, von vier Säulen bestandenen Hofes des Propylon gelegen, ist
im Fußbereich vom vielen Gebrauch abgenutzt und ausgehöhlt.
Der bekannteste unter den Kultstätten von Knidos ist der, eine Zeitlang die
berühmte "Aphrodite von Knidos" beherbergende, runde Aphrodite Tempel.
In der antiken Ägäis bemühten sich alle Künstler, Aphrodite zu beschreiben und
zu lobpreisen. Am schwersten hatten es dabei wohl die Maler und Bildhauer. Sie
mussten neben der Schönheit, die Göttlichkeit Aphrodites anschaulich darstellen.
Pierre Louys beschreibt in seinen "Liedern der Bilitis" die Entstehung der
Statue folgendermaßen: "Es geschah bei den Festspielen von Eleusis. Auf dem
Strand waren 20.000 Menschen versammelt, die aus ihrer hellenistischen Heimat
angereist waren. Phryne näherte sich den schwer heranrollenden Wellen. Sie löste
ihren Gürtel und ihre Unterkleider. Dann ließ sie ihre langen Haare herab und
schritt in die Fluten..."
Zwischen den, den Festlichkeiten folgenden Zuschauern, befanden sich auch der
berühmte Bildhauer Praxiteles und der begabte Maler Apelles aus Kolophon.
Beide Künstler waren hingerissen der Ansicht, daß diese Priesterin Aphrodite
selbst sein müsse, soviel göttliche Schönheit konnte nicht menschlich sein. So
stand die, in der Antike berühmte Priesterin Phryne, laut einer Überlieferung
diesen beiden begnadeten Künstlern Modell. Der Maler Apelles schuf so das als
"Aphrodite Anadiyom" bekannte Bildnis,
der andere, Praxiteles, die berühmte "Aphrodite von Knidos" genannte Statue.
Dieses wichtigste unter den, im 4. Jhrhdrt. vChr. entstandenen Kunstwerken,
beschreibt der aus Samsat stammende Lukianos im 2. Jhrhdrt. vChr. so : "Ich
näherte mich dem heiligen Garten. Ein wunderbarer Duft machte uns trunken. Die
im Hof mit der Schönheit Aphrodites wetteifernden, Süß duftenden Bäume waren
leuchtend grün, immer blühende, ständig Früchte tragende Myrthenbäume heiligten
die Gottheit. Lorbeer und Zypressen... nie alternde Bäume. Ohne Einhalt oder
Ruh' trieben sie neue Zweige. Wir betraten den Tempel. In der Mitte erhob sich
auf einem schönen Sockel Aphrodite. Auf ihren Lippen lag ein fast schüchternes,
schamhaftes Lächeln. Die Schöne war, außer dem, was ihre linke Hand bedecken
konnte, unverhüllt. Wir waren von ihrer Schönheit geblendet."
Leider wurde die von Lukianus so liebevoll beschriebenen "Aphrodite von Knidos"
bis heute nicht gefunden.
Bei den, in den letzten Jahren unter der Leitung von Prof. Dr. Ramazan Özgan
stehenden Ausgrabungen in der antiken Stadt Knidos, richtet sich das Augenmerk
verstärkt auf die in der Literatur so lobend erwähnte, Statue. Zu diesem Zweck
fokussieren sich die wissenschaftlichen Untersuchungen zum großen Teil, auf den
Bereich des runden Tempels und des östlich davon liegenden Altares.
Die Charakteristika des, im korinthischen Stil erbauten Tempels und Altars
deuten auf seine Entstehung im 2. Jhrhdrt. v.Chr. hin. Die, in der Umgebung des
Bauwerkes gefundenen, kleineren Gegenstände wurden als späthellenistisch bzw.
frührömisch identifiziert. Das heißt, dass der runde Tempel nicht von Praxiteles
für die Aphroditestatue, gebaut worden sein kann.
Außerdem belegen Funde eines Apollon zugehörigen Omphalos und Stücke einer, dem
Dionysos zugedachten Inschrift, dass dieses heilige Bauwerk, nicht nur für die
Anbetung einer einzigen Gottheit bestimmt war. Bislang fehlt der Wissenschaft
ein Beweis, der die Beteiligung Praxiteles bei der Errichtung des Tempels und
seine Bestimmung für Aphrodite, stichhaltig belegt.
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